Ein kurzer Artikel von 1997 von Dr. Ulrike Heckl über die psychologischen Aspekte zum Thema der Folter, den Sie hier herunterladen können:
1997 psychologische aspekte_der_folter heckl
Einleitung des Texts:
Trotz vielfältigen Bemühens um die Einhaltung der Menschenrechte auf unterschiedlichen Ebenen, nehmen weiterhin organisierte staatliche Verfolgung, gewaltsame Austragung von Konflikten und systematische Folterungen zu. Entsprechend wird in den Exilländern, hier in Europa oder auch in Nordamerika, von den verfolgten Menschen Asyl gesucht. Allerdings gibt es keine genauen Angaben über die tatsächliche Anzahl der Gefolterten unter ihnen. Eine
Erfassung ist nicht so ohne weiteres möglich. Foltererlebnisse lassen sich nicht einfach in einem Interview oder Informationsgespräch ermitteln. Die betroffenen Personen sind i.d.R.
nicht dazu in der Lage, über das, was ihnen angetan wurde, zu sprechen. Selbst im engeren Familienkreis oder unter vertrauten Freunden werden diese Erfahrungen ausgespart und tabuisiert.
Die Erinnerung ist zu schmerzhaft und kaum auszuhalten. Auch in der Therapie muß das Vertrauen und das Gefühl von Sicherheit in die therapeutische Beziehung erst langsam wachsen, bis sie die Tragfähigkeit erreicht hat, daß Foltersituationen benannt werden können. Völlig unmöglich ist es den meisten Folterüberlebenden, in ihren Anhörungsverfahren von ihren Erlebnissen zu berichten. Vor diesem Hintergrund vermutet Sepp Graessner vom Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin, daß 25 Prozent der Flüchtlinge, die Deutschland heute noch erreichen, von Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen traumatisiert sind. Das
bedeutet, daß eine wirkliche Berücksichtigung der traumatischen Erfahrungen der Asylsuchenden die augenblickliche Anerkennungsquote drastisch erhöhen müßte (ai – Journal
9/1996).