Hier können Sie den englischen Artikel “Doctors and torture – factual links and ethical aspects” von Torsten Lucas herunterladen:
1997-12 doctors_and_torture
Lesen Sie zum Einstieg das Abstract:
Ärzte haben bezüglich Folter eine Schlüsselrolle. Sie haben beruflichen Zugang zu den Opfern oder deren Leichnamen. Ihre Einstellung und ihr Verhalten können entscheidend sein, für die Behandlung und Unterstützung Folterüberlebender und die
Durchsetzung folterbezogener Prävention, oder aber für Vertuschung, das Decken von Folterern und die Stabilisierung repressiver Regime. Definition, Funktion und Folgen von Folter, sowie typische Umstände ihres Auftretens und epidemiologische
Aspekte werden diskutiert. Symptome von Folter, deren unzureichende Erkennung durch Ärzte und ihre diagnostische Einordnung im Rahmen der posttraumatischen Belastungsstörung werden angesprochen.
Im Mittelpunkt des Manuskriptes steht die Analyse der faktischen Zusammenhänge zwischen Arzt und Folter. Deren gesamtes Spektrum wird dargestellt und anhand authentischer Beispiele illustriert. Ärzte können als Behandelnde oder Experten nach
der Folter die Überlebenden stärken. Mediziner können aber auch als Behandler oder ‘Experten’ während der Folter in Erscheinung treten. Sie können an Bestrafungen Verurteilter teilnehmen, die der Folter gleichkommen (‘legale Folter’), wie Auspeitschungen, Zwangsamputationen, oder legalen Hinrichtungen, bis hin zur
Explantation von Organen zum Tode verurteilter Gefangener zu
Transplantationszwecken. Gewissenhafte Ärzte, die sich trotz Einschüchterungen weigern, gegen ihre Standesethik zu verstoßen, gefährden ihre Karriere, ihre Familien und sich selbst. Viele werden verfolgt oder inhaftiert und zahlreiche Ärzte sind Opfer von ‘Verschwindenlassen’ oder politischen Morden geworden. Die Rolle
von Ärzten wird angesichts der fehlenden Umsetzung existierender berufsethischer Deklarationen diskutiert. Während Mediziner, die sich in Illinois, USA, aktiv an Hinrichtungen beteiligen, bar bezahlt und per Gesetz vor den Disziplinarausschüssen ihrer Berufsgruppe geschützt werden, setzen sich nur wenige medizinische
Berufsverbände entschlossen für verfolgte Kollegen ein, die dringend die Unterstützung benötigen, die ihnen in der Erklärung von Tokio seitens des Weltärztebundes zugesichert wurde. Um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren, muß die Ärzteschaft entschlossener gegen Mediziner vorgehen, die sich an Übergriffen beteiligen,
während ehrenhafte und mutige Kollegen, wenn stille Diplomatie scheitert, durch die Mobilisierung weltweiter Öffentlichkeit geschützt werden müssen.