Hier können Sie den Artikel “Die Verurteilung der Folterer durch Recht und Gewissen Politisch-rechtliche Aspekte therapeutischer Menschenrechtsarbeit in der Türkei” von Alp Ayan aus dem Jahr 2006 herunterladen:
n2006ayan
Der Aritkel erschien auch in: Zeitschrift für Politische Psychologie, Jg. 14, 2006, Nr. 1+2, S. 19-31
Die Zusammenfassung des Texts können Sie hier lesen:
Der Artikel beruht auf einem Interview zum Thema „Unrechtserleben bei politisch Traumatisierten“ in der Türkei. Deren Gerechtigkeitssinn wird durch Folter oft beschädigt; sie glauben nicht mehr an eine im Prinzip gerechte und sichere Welt. Das gilt für politisch aktive wie nicht-aktive Betroffene gleichermaßen. Straflosigkeit für die Folterer trägt hierzu stark bei. Gerechtigkeitssinn und Hoffnung sind wichtige Größen für den Therapieprozess. Entsprechend bietet die Türkische Menschenrechtsstiftung ihren Klient/inn/en auch juristische Unterstützung an. Allerdings bergen Gerichtsverfahren das Risiko der Retraumatisierung in sich, was in der Therapie genau abgeklärt werden muss. Die Verurteilung der Täter im persönlichen und kollektiven Gewissen kann für die Verfolgten eine ähnlich positive Wirkung haben wie deren Verurteilung vor Gericht, weil dadurch Schuld- und Wertlosigkeitsgefühle verringert werden – die Schuld wird eindeutig den Folterern zugeschrieben. Dies erfordert eine parteiische Grundhaltung in der Therapie. Wegen der steten Retraumatisierungsgefahr, besonders im Zuge eines Gerichtsverfahrens, ist eine supportive Therapie vorzuziehen. Dabei kann eine zu starke Identifikation mit den Klienten zu Problemen führen, etwa zu einer reaktiven Distanzierung. Ferner kostet es viel professionale und persönliche Energie, den Druck, der durch schikanöse Gerichtsverfahren auf menschenrechtlich engagierte Therapeut/inn/en ausgeübt wird, von der Therapie fernzuhalten. Die Therapie mit politisch Traumatisierten ist im Rahmen des internationalen Engagements gegen Unrecht und Ungerechtigkeit zu sehen.
Condemnation of Torturers by Law and Conscience
Public and legal aspects of therapeutic human rights work in Turkey
This article is based on an interview conducted on the subject of „Experiences of Injustice in Politically Traumatised Persons“ in Turkey. Torture victims’ sense of justice is frequently impaired and they no longer believe in a world that is just and safe in principle. This is true both of survivors who are politically active and of those who are not. Failure to convict torturers plays a major role in this impairment. A sense of justice and hope is an important element of therapy. The Turkish Human Rights Foundation therefore also offers its clients legal support. However, court cases are associated with the risk of retraumatisation, which must be discussed in therapy.
Condemning the perpetrators in their own personal and collective consciences can have a similarly positive effect for the survivors as if they had been sentenced by a court, because feelings of guilt and worthlessness are reduced – the guilt is clearly assigned to the torturer. This requires an attitude of partiality in therapy. Owing to the constant threat of retraumatisation, particularly in the course of court proceedings, supportive therapy is the treatment mode of choice. However, too strong an identification with the client can lead to problems, e.g. reactive distancing. It also requires much professional and personal energy to keep the pressure exerted on therapists committed to human rights by stressful court proceedings out of therapy. Therapy with people who have been politically traumatised must be considered part of the international commitment to the struggle against injustice.